Beschluss vom 29.04.2025 -
BVerwG 5 P 7.23ECLI:DE:BVerwG:2025:290425B5P7.23.0
Zur Frage des Bestehens eines Anspruchs des Personalrats auf monatliche Übermittlung einer Liste der Gleitzeitkontensalden unter Namensnennung auch ohne Einwilligung der betroffenen Beschäftigten
Leitsätze:
1. Ein berechtigtes Interesse des Personalrats an der Feststellung, durch eine konkrete, in der Vergangenheit liegende Handlung des Dienststellenleiters in seiner Arbeit behindert worden zu sein, ist in der Regel nur dann zu bejahen, wenn von dieser Handlung in die Gegenwart oder Zukunft gehende Folgewirkungen ausgehen.
2. Begehrt der Personalrat vom Dienststellenleiter die Übermittlung von Informationen und darauf bezogene Unterlagen unter Nennung des Namens der betroffenen Beschäftigten, ist gerade mit Blick auf den damit verbundenen Eingriff in deren Persönlichkeitsrechte die Prüfung unverzichtbar, ob die Namensnennung zur Erfüllung der Aufgaben des Personalrats auch im Sinne des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erforderlich ist (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung).
-
Rechtsquellen
PersVG HB § 54 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1, § 56 Abs. 1 Alt. 1 ZPO § 256 Abs. 1 -
Instanzenzug
VG Bremen - 26.08.2022 - AZ: 12 K 1821/21
OVG Bremen - 22.03.2023 - AZ: 6 LP 259/22
-
Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 29.04.2025 - 5 P 7.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:290425B5P7.23.0]
Beschluss
BVerwG 5 P 7.23
- VG Bremen - 26.08.2022 - AZ: 12 K 1821/21
- OVG Bremen - 22.03.2023 - AZ: 6 LP 259/22
In der Personalvertretungssache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts am 29. April 2025 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß, Dr. Harms und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Holtbrügge und Preisner beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 22. März 2023 wird zurückgewiesen.
Gründe
I
1 Die Verfahrensbeteiligten streiten über den Umfang des Anspruchs des Antragstellers (Personalrat) auf Informationen und Vorlage von Unterlagen in Bezug auf die Gleitzeitkonten von Beschäftigten.
2 Für die gleitende Arbeitszeit aller Voll- und Teilzeitbeschäftigten in der Dienststelle der Beteiligten (Dienststellenleiterin) gelten u. a. die Grundsätze der Dienstvereinbarung "Grundsätze für die gleitende Arbeitszeit", auf die sich der Senator für Finanzen und der Gesamtpersonalrat für das Land und die Stadtgemeinde Bremen in der jeweils geltenden Fassung verständigen. Danach sind vor allem Über- und Unterschreitungen der regelmäßigen Arbeitszeit nur bis zu einer bestimmten Höchststundenzahl zulässig.
3 Mit Schreiben vom 20. Juli 2021 beantragte der Antragsteller bei der Beteiligten, ihm monatlich die Salden der Gleitzeitkonten aller Beschäftigten der Dienststelle zur Verfügung zu stellen. Zur Begründung berief er sich auf seine allgemeine Überwachungsaufgabe nach § 54 Abs. 1 Buchst. b PersVG HB, zu deren Durchführung er zwingend Kenntnis von den Gleitzeitsalden benötige. Datenschutzrechtliche Bedenken gegen die begehrte Auskunft seien aufgrund der gesetzlichen Schweigepflicht der Personalratsmitglieder ausgeschlossen.
4 Die Beteiligte lehnte diesen Antrag mit Schreiben vom 23. Juli 2021 ab. Ihrer Ansicht nach sei die Einsicht in die Gleitzeitkonten aller im Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterportal namentlich genannten Beschäftigten nicht erforderlich, um die allgemeine Überwachungsaufgabe wahrzunehmen. Zudem würde die Übermittlung der begehrten Daten das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Beschäftigten verletzen.
5 Im Rahmen des daraufhin vom Antragsteller eingeleiteten Einigungsstellenverfahrens wurden die Beschäftigten der Dienststelle mit einem von den Verfahrensbeteiligten gemeinsam unterzeichneten Schreiben vom 17. November 2021 gebeten mitzuteilen, ob sie mit der namentlichen Übermittlung des Saldos ihres Gleitzeitkontos in einem monatlichen Rhythmus einverstanden seien, wenn ihr Gleitzeitkonto einen Saldo außerhalb der Grenzen der Dienstvereinbarung "Grundsätze für die gleitende Arbeitszeit" aufweise. Etwa ein Drittel der Beschäftigten hat die Anfrage beantwortet. Seitdem übermittelt die Beteiligte dem Antragsteller jeden Monat eine Liste mit den Salden der Gleitzeitkonten, die die Grenzen der zulässigen Über- und Unterschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit nicht einhalten. Die Übermittlung erfolgt unter Nennung des Namens des betroffenen Beschäftigten, wenn dieser hierzu sein Einverständnis erteilt hat, und im Übrigen ohne Namensnennung.
6 Parallel zum Einigungsstellenverfahren hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet und in der mündlichen Anhörung vor dem Verwaltungsgericht beantragt festzustellen, – erstens - dass die ursprüngliche Verweigerung der Auskunftserteilung durch die Beteiligte eine Behinderung der Arbeit des Personalrats darstellte sowie - zweitens - dass ihm monatlich eine namentliche Liste der Gleitzeitkonten zu übermitteln sei, die sich außerhalb der Grenzen der geltenden Dienstvereinbarung befänden. Hiermit hatte er vor dem Verwaltungsgericht, nicht aber vor dem Oberverwaltungsgericht Erfolg.
7 Mit seiner vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt der Antragsteller die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Er rügt eine Verletzung des § 54 Abs. 3 Satz 1 sowie des § 56 Abs. 1 PersVG HB.
8 Die Beteiligte verteidigt den angefochtenen Beschluss.
II
9 Die zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Ergebnis zu Recht geändert und die Feststellungsanträge zu 1 und 2 des Antragstellers abgelehnt.
10 1. Der Antrag zu 1 des Antragstellers ist - anders als vom Oberverwaltungsgericht der Sache nach angenommen - in der Auslegung, die er durch den Senat erfahren hat, bereits unzulässig.
11 a) Der Antrag zu 1 ist auf die Feststellung einer konkreten, in der Vergangenheit liegenden Behinderung des Antragstellers gerichtet.
12 aa) Der Senat ist zur Auslegung des Antrags zu 1 befugt. Es handelt sich insoweit um eine prozessuale Willenserklärung, die ohne Bindung an eine Auslegung durch die Vorinstanz der eigenständigen Auslegung durch das Rechtsbeschwerdegericht unterliegt. Dabei sind die für die Auslegung von Willenserklärungen des bürgerlichen Rechts geltenden Rechtsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) anzuwenden. So ist nicht allein der Wortlaut maßgeblich. Entscheidend ist vielmehr der erklärte Wille, wie er auch aus den Begleitumständen und nicht zuletzt der Interessenlage hervorgehen kann. Der maßgebende objektive Erklärungswert bestimmt sich danach, wie der Empfänger nach den Umständen die Erklärung verstehen muss. Für die Auslegung eines Klageantrags ist auch dessen Begründung heranzuziehen. Dementsprechend ist die Auslegung eines im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren gestellten Antrags von dessen Wortlaut ausgehend am Anlass des Streits der Verfahrensbeteiligten und an dem zu seiner Begründung Vorgetragenen auszurichten (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 12. Oktober 2023 - 5 P 7.22 - PersV 2024, 172 Rn. 11 m. w. N.).
13 bb) In Anwendung dieser rechtlichen Vorgaben ist der Antrag zu 1 auf die Feststellung gerichtet, dass die Beteiligte durch ihr Schreiben vom 23. Juli 2021, mit dem sie das Auskunftsersuchen des Antragstellers vom 20. Juli 2021 abgelehnt hat, diesen in seiner Arbeit behindert hat. Der Antrag zielt damit auf die Feststellung einer Behinderung, die durch eine in der Vergangenheit liegende punktuelle Handlung der Beteiligten ausgelöst worden sein soll.
14 Für diese Auslegung spricht zunächst der Wortlaut des vom Antragsteller in der mündlichen Anhörung vor dem Verwaltungsgericht gestellten und bis zuletzt unverändert aufrechterhaltenen Antrags. Die gewählte Formulierung "ursprüngliche Verweigerung der Auskunftsgebung" in Verbindung mit der verwendeten Zeitform des Imperfekts ("darstellte"), die vom Verwaltungsgericht im stattgebenden Tenor auch aufgegriffen wird, verdeutlichen, dass das mit dem Antrag zu 1 geltend gemachte Feststellungsbegehren auf die Vergangenheit bezogen ist. Die Antragsschrift vom 14. September 2021 bekräftigt diesen Befund. In ihr beschränkt sich der Antragsteller auf die Wiedergabe der Gründe, welche die Beteiligte im Schreiben vom 23. Juli 2021 für die Ablehnung seines Antrags vom 20. Juli 2021 angeführt hat und die er für "unsachlich" hält. Unterstützt wird diese Auslegung zudem durch die vom Antragsteller in der mündlichen Anhörung vor dem Verwaltungsgericht vorgenommene Antragserweiterung um den auf die Gegenwart und Zukunft bezogenen Feststellungsantrag zu 2. Dieses Antrags hätte es nicht bedurft, wenn der Antragsteller den Antrag zu 1 bereits entsprechend ausgerichtet hätte.
15 b) Der Senat kann offenlassen, ob der so verstandene Antrag zu 1 schon mangels Antragsbefugnis unzulässig ist, weil fraglich ist, ob jedes - wie hier - offensichtlich weder sachfremde noch willkürliche Bestreiten eines vom Personalrat geltend gemachten Rechts durch den Dienststellenleiter, das dem Personalrat Anlass geben kann, ein personalvertretungsrechtliches Beschlussverfahren einzuleiten und dessen Rechtmäßigkeit gerichtlich überprüfen zu lassen, stets auch zu einer nach dem jeweils einschlägigen Personalvertretungsgesetz (hier § 56 Abs. 1 Alt. 1 Bremisches Personalvertretungsgesetz vom 5. März 1974 <Brem.GBl. S. 131>) verbotenen Behinderung des Personalrats führt. Des Weiteren kann offengelassen werden, ob es Auswirkungen auf die Antragsbefugnis hat, dass alle dem Antragsteller am 23. Juli 2021 angehörenden Personalratsmitglieder - wie von den Verfahrensbeteiligten übereinstimmend vorgetragen - im November 2023 ihr Amt niedergelegt haben (vgl. zur parallelen Fragestellung bei der Antragsbefugnis von Personalratsmitgliedern BVerwG, Beschlüsse vom 26. April 2000 - 6 P 2.00 - Buchholz 250 § 86 BPersVG Nr. 3 S. 6 und vom 4. Februar 2021 - 5 VR 1.20 - BVerwGE 171, 266 Rn. 23). Denn für den konkreten Feststellungsantrag zu 1 besteht jedenfalls nicht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse an der Feststellung.
16 aa) Nach der gemäß § 92 Abs. 2 Satz 1, § 72 Abs. 5 ArbGG, § 555 Abs. 1 ZPO im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 256 Abs. 1 ZPO kann die gerichtliche Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses beantragt werden, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der entsprechenden richterlichen Entscheidung hat. Ein solches Interesse ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats nur zu bejahen, wenn im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch ein schützenswertes Interesse des Personalrats an der Klärung des Streitfalls durch eine gerichtliche Sachentscheidung gegeben ist. Ein derartiges Interesse ist anzuerkennen, solange der für die Einleitung des personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens anlassgebende Vorgang nicht jegliche die personalvertretungsrechtliche Stellung des Personalrats berührende Wirkung verloren hat (vgl. in Bezug auf personalvertretungsrechtliche Maßnahmen BVerwG, Beschluss vom 14. Dezember 2022 - 5 P 3.21 - PersV 2023, 261 Rn. 9 m. w. N.). Soweit sich ein konkretes Feststellungsbegehren - wie hier - auf eine konkrete, in der Vergangenheit liegende Handlung des Dienststellenleiters bezieht, ist dies in der Regel nur zu bejahen, wenn von dieser Handlung noch in die Gegenwart oder Zukunft reichende Folgewirkungen ausgehen. Für eine nur auf die Vergangenheit gerichtete konkrete Feststellung, aus der sich keinerlei Rechtsfolgen für die Gegenwart oder für die Zukunft mehr ergeben, besteht dagegen regelmäßig kein schützenswertes Interesse des Personalrats. In diesem Fall könnte die gerichtliche Entscheidung einem Personalrat nur bescheinigen, dass er Recht oder Unrecht gehabt hat. Es ist indessen nicht Aufgabe der Gerichte, eine die Verfahrensbeteiligten interessierende Rechtsfrage gutachterlich zu klären (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. März 2014 - 6 PB 41.13 - IÖD 2014, 132; BAG, Beschlüsse vom 17. November 2021 - 7 ABR 40/19 - juris Rn. 30 und vom 25. Januar 2024 - 6 AZR 390/20 - ZTR 2024, 124 Rn. 10).
17 bb) Gemessen daran ist das rechtliche Interesse an der mit dem Antrag zu 1 begehrten Feststellung mangels des erforderlichen Gegenwarts- bzw. Zukunftsbezugs nicht gegeben. Der Antragsteller macht nicht geltend, die ablehnende Entscheidung der Beteiligten vom 23. Juli 2021 behindere ihn gegenwärtig oder künftig in der Ausübung seiner Befugnisse, insbesondere der Wahrnehmung seiner allgemeinen Überwachungsaufgabe aus § 54 Abs. 1 Buchst. b PersVG HB. Für entsprechende Ausführungen hätte spätestens seit dem Schreiben des Oberverwaltungsgerichts vom 14. März 2023 Anlass bestanden, in dem das Oberverwaltungsgericht darauf hingewiesen hat, es sei nicht erkennbar, inwieweit die Frage, ob der Antrag vom 20. Juli 2021 damals zu Recht oder zu Unrecht abgelehnt worden sei, für die Zukunft noch relevant sei.
18 2. Der Antrag zu 2 des Antragstellers ist unbegründet.
19 a) Er ist - wie das Oberverwaltungsgericht auf der Grundlage seiner den Senat bindenden (§ 70 Abs. 2 PersVG HB i. V. m. § 92 Abs. 2 Satz 1, § 72 Abs. 5 ArbGG i. V. m. § 559 Abs. 2 ZPO) Tatsachenfeststellungen zur Auskunftspraxis der Beteiligten zutreffend dargelegt hat – (nur noch) auf die Feststellung gerichtet, dass die Beteiligte dem Antragsteller die Namen der Beschäftigten, deren Gleitzeitkonten sich am Monatsende außerhalb der zeitlichen Vorgaben der Ziffer 12.2 der geltenden Dienstvereinbarung "Grundsätze für die gleitende Arbeitszeit" bewegen, auch dann zu nennen hat, wenn sich die betreffenden Beschäftigten mit der Übermittlung ihres Namens an ihn nicht einverstanden erklärt haben.
20 b) Als Rechtsgrundlage für das so verstandene Feststellungsbegehren des Antragstellers kommt allein § 54 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 PersVG HB in der Fassung vom 5. März 1974, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 11. Dezember 2024 (Brem.GBl. S. 1113) in Betracht. Denn das Begehren ist - wie bereits erwähnt - gegenwarts- und zukunftsbezogen, sodass für dessen Beurteilung auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Februar 2022 - 5 A 7.20 - PersV 2022, 382 Rn. 11 m. w. N.).
21 Nach § 54 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 PersVG HB sind dem Personalrat auf Verlangen die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zu übermitteln. Die Pflicht des Dienststellenleiters zur Übermittlung von Unterlagen ist Ausdruck und Bestandteil der Informationspflicht des Dienststellenleiters gegenüber dem Personalrat. Die Informations- und Übermittlungspflicht gegenüber dem Personalrat besteht nur in dem Umfang, in welchem der Personalrat zur Durchführung seiner Aufgaben die Kenntnis der Unterlagen und der darin verkörperten Informationen benötigt. Mit der Verpflichtung des Dienststellenleiters korrespondiert ein entsprechender Anspruch des Personalrats. Der Informationsanspruch des Personalrats als solcher und der darauf bezogene Anspruch auf Übermittlung von Unterlagen sind strikt aufgabengebunden und in ihrer Reichweite durch das Erforderlichkeitsprinzip begrenzt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 29. September 2020 - 5 P 11.19 - BVerwGE 169, 279 Rn. 10 und vom 3. Mai 2022 - 5 P 1.22 - BVerwGE 175, 285 Rn. 20). Die Verfahrensbeteiligten streiten zu Recht nicht darüber, dass der Antragsteller sein Feststellungsbegehren auf die allgemeine Überwachungsaufgabe des Personalrats aus § 54 Abs. 1 Buchst. b PersVG HB stützen kann, zu der sein Begehren - wie ebenfalls zwischen ihnen unstreitig - den erforderlichen Bezug aufweist. Die zwischen den Verfahrensbeteiligten streitige Frage, ob insoweit auch die begehrte Namensnennung erforderlich ist, ist zu verneinen.
22 aa) Die Prüfung, ob die Übermittlung der Namen von Beschäftigten, die hierin nicht eingewilligt haben, erforderlich ist, ist - entgegen der Auffassung des Antragstellers - nicht deshalb entbehrlich, weil die Namensnennung nur für den Fall eines Verstoßes gegen Ziffer 12.2 der geltenden Dienstvereinbarung "Grundsätze für die gleitende Arbeitszeit" begehrt wird.
23 Die Prüfung der Erforderlichkeit ist obligatorisch und unverzichtbar, wenn der Personalrat eine Information und die Übermittlung von darauf bezogenen Unterlagen unter Namensnennung der betroffenen Beschäftigten begehrt. Das folgt in erster Linie und vor allem daraus, dass Informationen unter Namensnennung der betroffenen Beschäftigten stets mit einem Eingriff in deren Persönlichkeitsrechte verbunden sind (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. März 2014 - 6 P 1.13 - Buchholz 250 § 68 BPersVG Nr. 18 Rn. 11 und vom 19. Dezember 2018 - 5 P 6.17 - BVerwGE 164, 146 Rn. 48). Ein derartiger Eingriff darf - abgesehen vom Vorliegen weiterer hier nicht interessierender Voraussetzungen - in jedem Fall nur unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes erfolgen (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 1. November 2024 - 2 BvR 684/22 - JR 2025, 199 Rn. 95 m. w. N.). Dem tragen die Regelungen der Informationspflicht des Dienststellenleiters in den einschlägigen Personalvertretungsgesetzen dadurch Rechnung, dass sie die Informationspflicht des Dienststellenleiters und damit auch den korrespondierenden Informationsanspruch des Personalrats an das Erforderlichkeitsprinzip binden. Das gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gleichermaßen für personalvertretungsgesetzliche Regelungen, in denen - wie in dem hier anzuwendenden § 54 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 PersVG HB - die Erforderlichkeit ausdrücklich als Tatbestandsvoraussetzung genannt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 6 P 1.13 - Buchholz 250 § 68 BPersVG Nr. 18 Rn. 8 und Beschluss vom 29. September 2020 - 5 P 11.19 - BVerwGE 169, 279 Rn. 10) wie für personalvertretungsrechtliche Regelungen, bei denen das nicht der Fall ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2018 - 5 P 6.17 - BVerwGE 164, 146 Rn. 15 f.). Das Erforderlichkeitsprinzip als Teilgebot des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes trifft einen angemessenen Ausgleich zwischen den miteinander kollidierenden Interessen des Personalrats an einer grundsätzlich umfassenden Information einerseits und der Beschäftigten am Schutz ihrer persönlichen Daten andererseits. Es stellt sicher, dass dem Personalrat personenbezogene Daten nicht unnötig, sondern nur dann preisgegeben werden, wenn im konkreten Fall anonymisierte oder pseudonymisierte Informationen für eine effiziente Wahrnehmung der Aufgaben und Befugnisse durch den Personalrat nicht ausreichen. Der durch den Maßstab der Erforderlichkeit vermittelte Schutz der Persönlichkeitsrechte würde unterlaufen, wenn eine Verletzung gesetzlicher Vorgaben für sich genommen gleichsam automatisch die Preisgabe individualisierter oder individualisierbarer Informationen rechtfertigen würde.
24 Der Antragsteller kann für seine gegenteilige Rechtsauffassung nicht mit Erfolg auf die Entscheidung des 6. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. März 2014 - 6 P 1.13 - (Buchholz 250 § 68 BPersVG Nr. 18) verweisen. Soweit in dieser Entscheidung hinsichtlich der allgemeinen Überwachungsaufgabe des Personalrats wegen Einhaltung arbeitszeitrechtlicher Bestimmungen von einem zweistufigen Verfahren die Rede ist, sind die Ausführungen - entgegen der Auffassung des Antragstellers - nicht dahin zu verstehen, dass die Namensnennung stets erforderlich sei, wenn sich aus den auf einer ersten Stufe übermittelten anonymisierten oder pseudonymisierten Informationen ein Verstoß gegen die im fraglichen Sachzusammenhang in Betracht zu ziehenden Regelwerke ergebe. An der vom Antragsteller in Bezug genommenen Stelle führen die Entscheidungsgründe vielmehr gerade aus, dass ein Personalrat auf einer zweiten Stufe Anspruch auf Erläuterungen hat, "welche auch zur Aufdeckung der Identität des betroffenen Beschäftigten führen kann, wenn anders eine Klärung der Angelegenheit nicht möglich ist" (BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 6 P 1.13 - Buchholz 250 § 68 BPersVG Nr. 18 Rn. 32). Das Adverb "auch" und die Formulierungen "führen kann" sowie "wenn anders eine Klärung der Angelegenheit nicht möglich ist" machen deutlich, dass die Aufdeckung der Identität des betroffenen Beschäftigten lediglich eine Option darstellt, die überdies im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nur als ultima ratio in Betracht kommt. Dies wird durch weitere Ausführungen in den Gründen der Entscheidung unterstrichen. Danach ist der Personalrat im Fall von Unstimmigkeiten berechtigt, bei der Dienststelle nachzufragen und notfalls Namensnennung zu verlangen, wenn auf andere Weise der rechtserhebliche Sachverhalt nicht aufgeklärt werden kann (BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 6 P 1.13 - Buchholz 250 § 68 BPersVG Nr. 18 Rn. 24). Auch dieser Aussage liegt als (stillschweigende) Prämisse zugrunde, dass auch bei einem sich aus anonymisierten oder pseudonymisierten Informationen ergebenden Verstoß gegen arbeitszeitrechtliche Bestimmungen im Weiteren zu prüfen ist, ob die Namensnennung erforderlich ist. Gleiches gilt für die weitere Aussage, soweit anlassbezogen auf der zweiten Stufe des Kontrollverfahrens eine Namensnennung geboten ist, handele es sich um nachgelagerte Einzelfälle (BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 6 P 1.13 - Buchholz 250 § 68 BPersVG Nr. 18 Rn. 37). Der Begriff "Einzelfälle" impliziert, dass eine Namensnennung keinesfalls regelmäßig notwendig sein wird und dementsprechend auch ein Verstoß gegen die im fraglichen Sachzusammenhang in Betracht zu ziehenden Regelwerke nicht von der Verpflichtung zur Prüfung der Erforderlichkeit befreit.
25 bb) Die begehrte Namensnennung ist aus keinem der vom Antragsteller hierfür angeführten Gründe zur Durchführung der allgemeinen Überwachungsaufgabe im Sinne von § 54 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 PersVG HB erforderlich.
26 (1) Die Angabe der Namen auch derjenigen Beschäftigten, die in die Weitergabe ihres Namens an den Antragsteller nicht eingewilligt haben, ist nicht erforderlich, damit dieser etwaige strukturelle Probleme, insbesondere überlastete Organisationseinheiten erkennen kann.
27 Kommt es in einer Organisationseinheit wiederholt und gehäuft zur Überschreitung der nach der geltenden Dienstvereinbarung "Grundsätze für die gleitende Arbeitszeit" zulässigen Plus- und Minusstunden, kann dies zwar ein Indiz für strukturelle Probleme sein. Eine anonymisierte oder pseudonymisierte, nach sachlichen Ordnungskriterien, insbesondere nach Organisationseinheiten aufbereitete Liste der entsprechenden Gleitzeitkonten ist aber ein mit Blick auf die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten milderes Mittel. Eine solche Liste ist jedenfalls gleich, wenn nicht sogar besser geeignet, um dem Antragsteller die zur Identifikation von strukturellen Problemen benötigten Informationen zu vermitteln. Der Antragsteller kann auf der Grundlage einer Liste, in der die betreffenden Gleitzeitkonten unter Bezeichnung der Organisationseinheit angegeben werden, der sie zugeordnet sind, unmittelbar prüfen und feststellen, ob die Vorgaben der Dienstvereinbarung möglicherweise in einzelnen Organisationsbereichen wiederholt und gehäuft nicht eingehalten werden. Er muss hierfür - anders als bei einer Liste, in der die betreffenden Gleitzeitkonten einem Beschäftigten namentlich zugewiesen sind - insbesondere nicht erst (z. B. durch Nachfrage bei den betroffenen Beschäftigten) ermitteln, in welcher Organisationseinheit der jeweilige Beschäftigte tätig ist.
28 (2) Ebenso wenig benötigt der Antragsteller Kenntnis von den Namen der in Rede stehenden Beschäftigten, um eine etwaige gesundheitsgefährdende oder gleichheitswidrige Belastung einzelner Beschäftigter erkennen zu können.
29 Damit der Antragsteller effektiv überwachen kann, ob einzelne Beschäftigte über einen längeren Zeitraum insbesondere die nach Ziffer 12.2 der in Rede stehenden Dienstvereinbarung zulässigen Plusstunden in einem Umfang überschreiten, der Anlass zur Befürchtung gibt, dass sie - über eine etwaige arbeitszeitliche Überbeanspruchung in Einzelfällen (z. B. bei kurzzeitigen Spitzenbelastungen) hinaus - in einer ihre Gesundheit gefährdenden und möglicherweise gleichheitswidrigen Weise belastet werden, stellt die Kennzeichnung der Gleitzeitkonten mit für die Beschäftigten festen Kennziffern als Form der Pseudonymisierung personenbezogener Daten eine gleich geeignete, die persönlichkeitsrechtlichen Belange der betroffenen Beschäftigten aber weniger berührende Information dar (vgl. zu Letzterem OVG Münster, Beschlüsse vom 4. November 2005 - 1 A 4935/04.PVB - PersV 2006, 379 <382> und vom 27. September 2012 - 20 A 1500/11.PVB - ZTR 2013, 161 Rn. 42). Denn sie ermöglicht dem Antragsteller ebenso wie eine nach Namen aufbereitete Liste der Gleitzeitkonten eine beschäftigtenscharfe Kontrolle und einen beschäftigtenscharfen Vergleich über einen längeren Zeitraum vorzunehmen (vgl. OVG Münster, Beschlüsse vom 4. November 2005 - 1 A 4935/04.PVB - PersV 2006, 379 <381> und vom 27. September 2012 - 20 A 1500/11.PVB - ZTR 2013, 161 Rn. 40), wodurch er in die Lage versetzt wird, entsprechende Belastungen rechtzeitig zu erkennen und zu prüfen, ob er zum Schutz der betroffenen Beschäftigten tätig werden muss.
30 (3) Schließlich ist die Namensnennung ohne Einwilligung der betroffenen Beschäftigten nicht deshalb erforderlich, weil sich der Antragsteller aus Anlass eines Verstoßes gegen Ziffer 12.2 der geltenden Dienstvereinbarung "Grundsätze für die gleitende Arbeitszeit" bei diesen nach den Gründen hierfür erkundigen können muss.
31 Es ist zwar richtig, dass der Antragsteller auch über die Ursachen der Nichteinhaltung der Höchstgrenzen für die Über- und Unterschreitung der regelmäßigen Arbeitszeit informiert sein muss, um seine allgemeine Überwachungsaufgabe effektiv wahrnehmen zu können. Die entsprechenden Kenntnisse bilden Ausgangspunkt und die Grundlage für die Bewertung und Entscheidung, ob und wie er sich dafür einsetzt, dass die Beteiligte die erforderlichen Maßnahmen ergreift, um Abhilfe zu schaffen. Denn es obliegt der Beteiligten dafür zu sorgen, dass die der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten dienenden arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen und so auch die Regelung in Ziffer 12.2 der genannten Dienstvereinbarung eingehalten werden. Allerdings hat sich der Antragsteller bei einem Verstoß gegen die dienstvereinbarungsrechtliche Regelung nach Maßgabe der Verhältnismäßigkeit zunächst an die Beteiligte als Dienststellenleiterin zu wenden und diese um Darlegung der Gründe für die Überschreitung der zulässigen Plus- und Minusstunden im konkreten Einzelfall bzw. einer konkreten Vielzahl von Fällen zu ersuchen. Die Nachfrage bei der Beteiligten stellt ein ebenso geeignetes, aber die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten schonenderes und damit milderes Mittel zur Informationsbeschaffung dar als die durch die Namensnennung ermöglichte Befragung der betroffenen Beschäftigten. Haben die Verstöße ihre maßgebliche Ursache im dienstlichen Bereich, kann die Beteiligte aufgrund ihres größeren Überblicks und ihrer umfangreicheren Kenntnisse über Aufgaben, Aufbau und Ablauforganisation der Dienststelle in aller Regel eine umfassendere und fundiertere Auskunft als die einzelnen Beschäftigten geben. Liegen die maßgeblichen Gründe im persönlichen oder privaten Bereich, gebietet bereits die Fürsorgepflicht der Beteiligten, dass sie sich bei den Betroffenen nach den Gründen für die Nichteinhaltung der arbeitszeitrechtlichen Vorgaben erkundigt, sodass die Beteiligte auch insoweit Auskunft geben kann. Eine Befragung der betroffenen Beschäftigten durch den Personalrat selbst erweist sich unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit in der Regel erst dann als erforderlich, wenn die Beteiligte keine oder keine hinreichende Auskunft über die Ursachen erteilt oder ihre Erläuterungen etwa nicht nachvollziehbar sind (vgl. so auch schon BVerwG, Beschluss vom 19. März 2014 - 6 P 1.13 - Buchholz 250 § 68 BPersVG Nr. 18 Rn. 15, 24, 32).